Tom Schröder klopft bei der Elite an

Lilienthaler möchte an internationalen Läufen über 400 Meter Hürden teilnehmen – und ist ganz dicht dran

VON KARSTEN HOLLMANN

Lilienthal.Es ist schon überwältigend, mit den deutschen Top-400-Meter-Hürden-Läufern an einem gemeinsamen Abendbrottisch zu sitzen“, sagt Tom Schröder vom TV Lilienthal. Dieser befindet sich auf dem besten Wege, sich einmal seinen großen Traum in der Leichtathletik zu erfüllen: Eines Tages möchte der 400-Meter-Hürden-Spezialist an Welt- und Europameisterschaften teilnehmen.

Nun machte es der 16-Jährige aber erst einmal eine Nummer kleiner. Bei den deutschen Meisterschaften der männlichen Jugend U 20 in Dortmund verpasste er jedoch gegen die zum Teil zwei Jahre ältere Konkurrenz den Einzug ins Finale. Schröder hatte in seinem Vorlauf Pech mit der Auslosung. Der 1,89 Meter lange Schlaks musste auf der von ihm ungeliebten Bahn zwei mit enger Kurve antreten. Mit einer Zeit von 22,90 Sekunden verpasste er den Endlauf der besten acht Aktiven um 0,60 Sekunden. „Ich bin bereits zu groß für Bahn zwei“, erläutert der Schüler. Dennoch ließ er noch ein halbes Dutzend älterer Konkurrenten hinter sich und war damit letztendlich zufrieden. Eine Woche zuvor hatte Schröder die 200 Meter allerdings noch in 22,54 Sekunden bewältigt. „Da durfte ich aber auch ganz außen laufen. Das liegt mir wegen der Kurvenlage besser“, so der Lilienthaler. Schröder konnte den verpassten Finaleinzug aber leicht verschmerzen. Schließlich läuft er die 200 Meter nur so ganz nebenbei.

Auch über die 400 Meter hatte er bei den Landesmeisterschaften versucht, sich für Dortmund zu qualifizieren. „Ich bin die Strecke zu schnell angegangen. Aber es war auch nur ein Test“, versichert Schröder. Im Frühjahr wird er sich wieder ganz auf „seine“ 400-Meter-Hürden konzentrieren. Diese Disziplin wird in der Halle nicht angeboten, da die Hürden angesichts der Steilkurven nicht richtig aufgestellt werden können. Tom Schröder hatte die Qualifikationsnorm für Dortmund über die 200 Meter erst auf den letzten Drücker in Leipzig geschafft. Er wäre aber ohnehin von Bundestrainerin Claudia Marx berufen worden. „Mein Landestrainer Georgi Kamenezki hatte sich in einem Brief an die Bundestrainerin und an den Deutschen Leichtathletik-Verband für meine Nominierung eingesetzt“, berichtet der Gymnasiast. Schließlich zählten seine bei den Landesmeisterschaften in Hannover erzielten 22,66 Sekunden nur nicht, weil er seine Bahn einmal kurz überschritten hatte.

„Davon hatte ich aber gar nichts mitbekommen. Ich hätte auch nicht gedacht, dass mir so etwas passieren könnte. Ich hatte mich schon über meine neue Bestzeit gefreut, ehe ich fünf Minuten später von der Disqualifikation erfuhr“, sagt Schröder. Zur Bestzeit von 22,54 Sekunden in Leipzig gratulierte selbst Claudia Marx.

Mit täglichen Tempoläufen bereitete sich Tom Schröder akribisch auf seine ersten nationalen Meisterschaften in der Halle vor. Am Mittag des Tages vor dem Wettkampf machte sich der Zehntklässler zusammen mit seinem Heimtrainer Reinhard Wagner auf den Weg nach Dortmund. Während Tom Schröder mit seinem Zimmer-Kollegen Joshua Maschke vom TuS Altwarmbüchen in einem Hotel übernachtete, fand Wagner Unterschlupf bei einem Freund in Leverkusen. „Gott sei Dank konnte ich ausschlafen, weil mein Vorlauf erst für kurz vor 15 Uhr angesetzt war“, sagte Schröder.

Zum Frühstück gab es Quark und ein bisschen Obst. „Brötchen wären auch gegangen. Nur vor einem 400-Meter-Lauf hätten mir die zu schwer im Magen gelegen“, erklärt der Teenager. Ein bisschen nervös sei er schon gewesen, räumt der 16-Jährige ein. Dies wurde beim Eintreffen in der Dortmunder Helmut-Körnig-Halle nicht unbedingt besser. Die Wettkampf- und Trainingsstätte für nationale und internationale Wettbewerbe bietet schließlich 4500 Zuschauern Platz. Die Halle sei auch gut gefüllt gewesen. „Es ist schon beeindruckend, vor einer solchen Kulisse zu laufen“, betont Tom Schröder. Das Publikum ist auch nah an den Athleten dran.

Während des Laufes habe er die Zuschauer jedoch komplett ausgeblendet. „Wenn ich laufe, befinde ich mich in einem Tunnel. Ich fokussiere mich dann ganz auf meinen Wettkampf“, versichert Tom Schröder. Dennoch habe er auch irgendwie mitbekommen, dass die Zuschauer voll mitgingen. Davon konnten sich auch seine daheim gebliebenen Eltern und Bruder Per (14) am heimischen PC mit den Live-Bildern aus dem Internet überzeugen. Mutter Katja Schröder hatte ihren Sohn einst auf die Möglichkeit einer Trainingsbeteiligung bei den Lilienthaler Leichtathleten hingewiesen. Per Schröder spielt hingegen lieber Tennis.

Auch wenn die Erwachsenen ihre Meisterschaften getrennt vom Nachwuchs austragen, trifft Tom Schröder bei Lehrgängen des Bundeskaders immer wieder auf die Cracks der deutschen 400-Meter-Hürden-Szene. Dabei bewundert er vor allem Jonas Hansen: „Obwohl der noch so jung ist, war er im vergangenen Jahr unser bester Läufer in dieser Disziplin.“ Auch von Hansen lasse er sich immer wieder Ratschläge geben. „Wenn wir uns unterhalten, geht es aber meistens weniger um fachspezifische Dinge, sondern vielmehr um die psychische Vorbereitung auf einen Wettkampf. Die Psyche spielt eine sehr große Rolle beim Laufen“, lässt Tom Schröder wissen.

Die Läufe der Erwachsenen schaut sich der Lilienthaler im Fernsehen oder im Internet an. Weil sein Zimmer-Kollege Joshua Maschke erst am Sonntag mit seinem 60-Meter-Sprint an der Reihe war, übernachtete Tom Schröder noch einen Tag länger in seinem Hotel. „Wir sind aber früh schlafen gegangen, weil Joshua ja schließlich noch laufen musste“, teilt Schröder mit. Dieser freut sich bereits auf das 16-tägige Trainingslager mit Georgi Kamenezki über Ostern auf Teneriffa. Dort möchte er die nötigen Grundlagen für eine erneute Qualifikation für die deutschen Meisterschaften über die 400 Meter Hürden im August legen.